Der Pazifische Nordwesten, Van Life

#27 Vanlife: Time to say Goodbye

Titelbild Vanabgabe

Dieser Tag ist wirklich gekommen, oder? Wir müssen unseren Van – unser liebgewonnenes Zuhause, unser Baby, auch oftmals Nudel genannt – echt verlassen. Wohin ist diese ganze Zeit gegangen? Wir möchten jetzt nicht übertreiben, aber das ist wirklich ein ziemlich trauriger Tag mit dem Gefühl sein Zuhause aufzugeben, ausziehen zu müssen und etwas zu verlieren. Ein total seltsames Gefühl.

Eine große Familie: Die Escape Campervans

Wir können uns noch genau an den Tag erinnern, als wir an dieser Abholstelle nahe San Francisco saßen und unseren Van das erste Mal gesehen haben. Er sah bunt aus und ziemlich groß. Wir haben uns so klein hinter diesem Lenkrad gefühlt, aber schon nach ein paar Tagen war das alles ganz normal. Wir wissen auch noch ganz genau, wann wir das erste Mal einen anderen farbigen Escape Campervan gesehen haben. Das war an einem wolkenverhangenen Nachmittag in der ersten Woche unseres Vanabenteuers. Wir fuhren diesen Highway entlang und neben uns tauchte auf einmal dieser blaue Van, der mit vielen Fischen bemalt war, auf. Die zwei anderen Reisenden haben uns gewunken und wir haben gegrinst und auch gewunken.

Von da an sind uns viele Gleichgesinnte begegnet. Wir haben uns jedes Mal gefreut, wenn wir einen Escape Campervan sahen und keiner glich dabei dem anderen. Alle waren unterschiedlich: Anders bemalt, eine andere Farbe und natürlich andere Menschen hinter dem Lenkrad. Sich gegenseitig wie wild zu zuwinken und zu grüßen, war irgendwie ein Ritual. So als ob man zu einer großen Familie gehört.  

Drei Escapes auf einmal

Das Chaos von zwei Monaten beseitigen

Diese kleinen Erlebnisse und die Zeit, die wir auf diesem eigentlich so engen Raum verbracht haben, werden es uns schon sehr sehr schwer machen, Abschied zu nehmen. Bevor es so weit ist, liegt jedoch noch eine ziemlich große Herausforderung vor uns: Unseren Van ausräumen. Bei unter 10 Grad im Dezember und weniger als drei Stunden Zeit, denn dann wird es dunkel! Challenge accepted!

Zum Glück lässt sich die Sonne an diesem Mittag in Portland nochmal blicken. Wir fahren aus der Stadt und finden einen sonnigen Parkplatz am Straßenrand mitten in einem Wohngebiet. Eigentlich darf man hier gar nicht parken, aber irgendwo müssen wir diese Packerei nun in Angriff nehmen und ach ja, wir müssen außerdem noch kochen. Aus allen restlichen Lebensmitteln, die wir haben, müssen nun Gerichte gezaubert werden. Nach einer guten Stunde sind Spaghetti Bolognese, Gemüsereis und abgekochter Reis, aus dem noch Thunfischsalat gezaubert wird, in Tupper verpackt. Wir packen eine Tasche voller Dinge, die wir noch mitnehmen und sortieren die Sachen aus, die da bleiben und für den nächsten Vanbesitzer hoffentlich nützlich sind. Jap, die Anwohner fragen sich, was wir da in ihrem Wohngebiet eigentlich machen. Vor allem die gute Frau im Garten gegenüber, die schon seit einer Ewigkeit ihre Grünfläche pflegt.

Uns egal, die Hauptsache ist doch, dass unsere Küche nun fertig ist. Jetzt sind die Kleider an der Reihe. Wir sitzen in einem Van voller Chaos und packen unsere sieben Sachen zusammen. Ein kurzer Moment des Durchdrehens. Wie um alles in der Welt hat das eigentlich alles einmal in unsere Reisetasche gepasst? Und wie sollen jetzt auch noch alle neuen Dinge, die sich eben angesammelt haben, mit in diese Tasche passen? Irgendwann nachmittags ist es geschafft. Der Van ist aufgeräumt. Da stehen unsere gepackten Taschen und da ist nicht mal mehr ein Leintuch. Alles sieht echt leer aus. Nur noch die Schlafsäcke für die letzte Nacht liegen bereit.

Während dieses unglaublich traurige Weihnachtslied läuft, machen wir uns auf nach Seattle, wo wir dem Van morgen „Auf Wiedersehen“ sagen müssen. Diese Fahrt ist die traurigste Fahrt, die wir je erlebt haben. Die Sonne geht unter. Dass diese Zeit so schnell vorbei ist und dass wir dort, wo wir zwei Monate gewohnt haben nicht mehr sein werden, ist echt wie eine Heimat zu verlassen. Ok, vielleicht sind wir ein bisschen theatralisch, aber zwei Monate sind eine verdammt lange Zeit.

Der 04. Dezember 2018: Tag der Abgabe

Gestern Nacht wurden wir doch ehrlich noch von diesem Walmart – Parkplatz, unserem letzten Übernachtungsplatz, weggeschickt. In der letzten Nacht! Mitten in der Nacht mussten wir zu einem anderen Parkplatz fahren, an einen Walmart der 24 Stunden geöffnet hat.

Nach einer kurzen Nacht heißt es um 6 Uhr aufstehen. Vor den Fenstern ist es noch dunkel und als wir die Türen öffnen kommt uns eisige Kälte entgegen. Wir wagen uns raus, denn der Van muss um 10 Uhr an der Abgabestation sein. Jetzt gibt es nur noch zwei klitzekleine Probleme: Erstens die Wasserentsorgung und zweitens dieser Topf.

Zu Problem Nummer 1: Unser Abwasser haben wir bisher fast immer und überall in unsere leeren Wasserkanister abgefüllt, wenn keine Dumping Station in der Nähe war. Irgendwann haben wir entdeckt, dass die Öffnung der Wasserkanister perfekt unter den Abwasserhahn passt. Fast als wären sie nur für diesen Zweck gemacht! Jetzt haben wir keinen leeren Kanister mehr, aber Abwasser, und nun? Es gibt immer eine Lösung: Wir entsorgen das Abwasser mal eben heimlich im Gebüsch direkt neben der Mietstation. Psssst uns hat keiner gesehen und das darf keiner wissen! Das bleibt unser Geheimnis.

Zu Problem Nummer 2: Soviel wir auch schrubben, dieser Topf, in den uns gestern der Reis eingebrannt ist, wird nicht mehr sauber. Kann halt mal passieren wenn man sich eine Tonne Reis auf einmal abkocht. Und nun? Ist das halt so, beschließen wir und machen uns auf den Weg.

Ich sitze wirklich das letzte Mal am Steuer, Juli neben wir und wir fahren unser Baby über die Interstate nach Hause. Kurz vor dem Ziel kommt doch wirklich „Shallow“ im Radio – unser Lied! Als müsste es so sein. Die Sonne strahlt über Seattle durch die Fensterscheiben, wir haben Winterjacken an, sehen uns an und singen. Was für ein sentimentaler Moment. Der nette Herr an der Mietstation nimmt die Sache mit dem Topf ziemlich gelassen und hat nichts auszusetzen. Wir haben den Van sicher heimgebracht. An der Wand der Mietstation haben wir unsere Trauer verewigt: „Miss our Van already“ steht da nun. Ja, das ist echt so. Der Moment, in dem wir unseren Van einfach auf dem Hof zurücklassen, ist schon irgendwie komisch. Als hätte man etwas vergessen. Es fühlt sich auch irgendwie merkwürdig an, das erste Mal wieder öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Ja, ehrlich!

Every GOODBYE makes the next HELLO closer

Dann sind wir mal gespannt, was uns ohne unseren Van und in einem neuen Land so alles erwartet. Eure zwei Reisenden. Fühlt Euch gedrückt.