Nationalparks

#17 Der Grand Canyon – ein wahres Naturwunder

Man kann keinen Roadtrip durch Amerika machen und ihn nicht gesehen haben: Den Grand Canyon. Eine natürliche Felsformation, die ihre jahrmillionen alte Geschichte erzählt. Eine Schlucht, die unglaubliche 277 Meilen lang ist und durch die der Colorado River fließt. Wir fahren durch den Eingang des Nationalparks, zeigen dem netten Ranger unseren Jahrespass und freuen uns gleich diese Schlucht zu sehen, von der man so viele Bilder kennt. Doch wir sehen erst einmal nur einen Park voller Bäume.

Der Grand Canyon National Park

In unserer Vorstellung besteht dieser Park nur aus Bergen und Schluchten, neben denen eine Straße entlangführt. Aus einem Canyon mit knallroten Felsen. Ab und an gibt es vielleicht einen Campingplatz, der bestimmt auch wieder nur kalte Duschen hat oder hoffentlich überhaupt Wasser – wir haben ja durchaus schon Bekanntschaft mit Nationalparks, die nichts davon hatten, geschlossen.

Wir verabschieden uns also in der letzten Stadt „Tusayan“ vor dem Grand Canyon, die irgendwie an ein altes Indianerdorf erinnert, mental schon einmal von der Zivilisation. Wir machen hier eine kurze Pause und gehen nach kurz ins Visitor Center. Ein kurzer Besuch, der darin endet, dass wir die Nummer von einem völlig fremden Kerl, der hinter der Theke arbeitet mit den Worten „Can I give you my number!“ in die Hand gedrückt bekommen. Ein Besuch im Visitor Center ist immer gold wert! Da fällt uns gerade ein, dass der arme Kerl niemals eine Nachricht von uns bekommen hat, denn eine unserer Vorstellungen entspricht der Wahrheit: Im Grand Canyon Nationalpark haben wir keinen Empfang. Danke an unseren Netzanbieter mit der besten Netzabdeckung des ganzen Landes!

Doch ganz in der Wildnis sind wir dann doch nicht und wir sehen nicht nur einen steilen Canyon. Im Grand Canyon National Park gibt es kleine „Städtchen“ mit Einkaufsläden, der ganze Park ist mit einem Netz aus kostenlosen Shuttlebussen ausgestattet und man fährt durch eine riesige Waldlandschaft bis man am Rande des Canyons steht. Plötzlich tauchen vor dir Wapiti-Hirsche auf – wir wussten zuerst nicht einmal, dass es diese Tierart gibt. Ach ja und Vogelspinnen gibt es auch. So zumindest solltet ihr Euch die Seite des South Rim vorstellen. Dem Teil des Nationalparks, in dem wir drei Tage verbringen.

Grand Canyon Lachen

Camping bei unter null Grad – wir rocken das!

Wir würden unseren Van unglaublich gerne einfach irgendwo abstellen und dort schlafen, aber in Nationalparks ist diese Wildcamping-Sache nicht ganz so gern gesehen. Also suchen wir uns während dieser zwei Nächte einen ganz offiziellen Übernachtungsplatz: Den Mother Campground. Zwar gibt es hier kein WLAN – wie bitte? – aber dafür eine heiße Dusche und man kann Wäsche waschen. Das trifft sich gut, denn wir können unsere übrigen Unterhosen schon an einer Hand abzählen.

Da stehen wir also, im Waschsalon zwischen tausend Waschmaschinen und überlegen uns, wann wir welche Wäsche waschen. Vielleicht heute alles Bunte und morgen die weißen Sachen  – meine Mam wäre so stolz auf unsere Wäscheaufteilung in Farben – am nächsten Tag könnten wir dann unsere Handtücher waschen. Während wir diese kluge Überlegung anstellen, fällt Juli ganz plötzlich ein „He, Sasy wir können doch einfach mehrere Sachen parallel waschen“ – stimmt, wir stehen ja vor einer Reihe aus Waschmaschinen. Geniale Idee! Wir brechen vor Lachen über unsere Intelligenz zusammen.

Genialer Einfall, innerhalb von einer halben Stunde ist die Wäsche fertig. Noch grandioser ist unsere Idee für das Wäsche aufhängen das Licht unseres Vans zu benutzen. Leider ist es inzwischen dunkel, wir müssen eine Wäscheleine spannen und unsere Kleider irgendwie daran befestigen. Wir entschließen uns, es mit den Büroklammern, die wir einmal gekauft haben zu versuchen. Funktioniert, nur beim Abhängen werden wir diesen Einfall verfluchen. Was nicht mehr funktioniert ist unser Auto – Licht aus, Batterie leer und nach genau fünf Minuten stehen wir im Dunkeln. Das wars dann auch mit der Heizung. Wir verbringen den Abend in einem kalten Van, bei Minusgraden. Am nächsten Morgen müssen wir zu den Duschen wandern und einen Ranger suchen, der unser Auto überbrückt. Macht der nette Herr auch und außerdem entdeckt er wohl unsere Wäscheleinen, denn als wir am Abend von unserem Tagesausflug zurückkommen, liegt auf dem Holztisch ein gelber Zettel. Wir sollen hier doch bitte keine Wäsche aufhängen, weil Tiere sich eventuell darin verfangen könnten – ups.

Wanderungen, Sonnenauf – und untergänge und das Greifen nach den Sternen

Das South Rim des Grand Canyon kann man wirklich einfach erkunden, denn die Busverbindungen von einem Ort zum anderen sind wirklich gut – wir lassen den Van wagemutig stehen, obwohl wir ihn aufgrund der „Panne“ eigentlich bewegen sollen. Die Busse fahren von morgens bis abends im circa zehn Minuten Takt. Man kann an den beliebigen Aussichtspunkten immer wieder aussteigen und in den nächsten Bus wieder ein. So erkunden wir die ganze Strecke. Oft wandern wir ein Stück und steigen irgendwann wieder in den Bus.

Es ist schon irgendwie atemberaubend an diesem Canyon zu stehen. Sich vorzustellen, wie sich dieses Tal aus Felsen und Schluchten geformt hat und zu jeder Tageszeit sieht der Canyon ein bisschen anders aus. Ein Spiel aus Licht und Schatten. Wir sehen die Sonne hinter den Felsen untergehen. Wir öffnen die Tür unseres Vans in einer eisig kalten Nacht, kuscheln uns nebeneinander in den Schlafsack und blicken in die Sterne. Wir reden und schweigen und sehen Abermillionen glitzernde Punkte am Himmel über dem Grand Canyon und eine Sternschnuppe. Wir stehen vor Sonnenaufgang auf, packen unseren Schlafsack, sitzen auf dieser Steinmauer und warten bis die Sonne wieder hinter den Felsen zum Vorschein kommt.

Man sollte definitv zu allen Tageszeiten am Canyon stehen und außerdem die ganze Strecke des South Rim erkunden, denn jeder Punkt erweckt einen anderen Eindruck. Mal hat man das Gefühl eher neben dem Canyon zu stehen und ein anderes Mal fühlt es sich so an, als wäre man genau in seiner Mitte. Wir wandern auch ein Stück hinunter, nicht ganz und Juli wandert ein Stück mehr als ich, doch egal wie weit – ein Blick von unten die Felsen hinauf ist den Ab – und Aufstieg definitiv wert. Doch die Macht dieses Naturwunders wird einem erst vollständig bewusst, wenn man am Rande eines Felsvorsprungs steht, in die Ferne blickt und es einem fast schwindelig wird. Man fühlt sich so klein, man hat Angst hinuterzufallen und gleichzeitig ist es unendlich aufregend. Das Herz schlägt ein bisschen schneller, wenn man sich dort hinsetzt und die Füße in die Schlucht baumeln lässt.

Über dem Grand Canyon – unser erster Hubschrauberflug

Doch die ganze Dimension des Grand Canyon erfährt man letztlich, wenn man dieses Naturwunder von oben sieht. Wir bekommen Rettungswesten angelegt – wobei wir doch wohl eher Rettungsfallschirme bräuchten, oder? – und stehen nur ein paar Meter vor dem Helikopter, der uns gleich in den blauen Himmel tragen wird. Die Rotorblätter des Hubschraubers drehen sich, der Wind schlägt uns entgegen und wir werden in diesen roten Hubschrauber gebracht. Die Gurte werden angelegt und dann ist da so viel Aufregung und Vorfreude. Wir lachen uns ununterbrochen an. Der Hubschrauber hebt ab, der Pilot begrüßt uns und wir fliegen! Unter uns Baumwipfel und der Schatten des Helikopters. Über die Kopfhörer dröhnt Musik und plötzlich hört der Boden auf, der Wald unter uns und wir sind über dem Grand Canyon. Ein unbeschreiblicher Moment. Unter uns ist nichts als dieser weite Canyon, dieses tiefe Tal in der Erde, die Felsformationen und abgebrannte Waldflächen auf der Seite des North Rims. Das North Rim hätten wir ohne den Flug nie gesehen. Man kann sich überhaupt nicht satt sehen.

Unser Hubschrauber

Diese Landschaft ist unendlich weit und dabei sehen wir gerade einmal 20 Prozent des gesamten Canyons während des Flugs. Noch immer ein bisschen überwältigt, stellen wir nach dem Flug fest, dass wir 45 Minuten geflogen sind, dabei hatten wir doch nur die kleine Tour für 25 Minuten bezahlt! Wir beide sind einmal wieder komplett am Ausrasten. Dann stehen wir auch noch vor dem Bild, das vor dem Helikopter von uns gemacht wurde, es ist echt schön, aber wir wollen keine 20 Dollar bezahlen. Neben uns ist dieses Ehepaar, findet unser Bild „Really Great!“ und kauft es einfach für uns! Wir sind etwas zwischen sprachlos und überwältigt, bedanken uns Millionen Mal bei diesen zwei Menschen. Zwei völlig Fremde, die uns etwas schenken. Dieses Bild wird uns wohl auch immer daran erinnern, wie viele tolle Menschen wir hier bereits kennengelernt haben.

Beim Desert View blicken wir das letzte Mal auf den Grand Canyon und die Sonne die Rot über den Felsen untergeht. Mit neuen Erinnerungen im Gepäck grüßen wir unsere Lieben zu Hause. Fühlt Euch gedrückt.