Highway 1 - die Westküste, Nationalparks

#16 Into the Wild

Wir lassen die Westküste hinter uns, die Palmen, die Strände und das Meer – zu diesem einzigartigen Klang der Wellen „Auf Wiedersehen“ zu sagen, fällt mir ein bisschen schwer. Doch dieses Abenteuer ist noch lange nicht zu Ende und neben mir im Auto freut sich Juli auf die Nationalparks, die vor uns liegen. Wir nehmen die Erinnerungen an all diese Orte mit, lassen sie einen Teil von uns werden und freuen uns auf die Erlebnisse, die vor uns liegen.

36 Grad und es wird noch heißer: Palm Springs und Coachella Valley

Vor allem freuen wir uns erst einmal einfach nur kilometerlang im Auto zu sitzen und die Straßen vorbeiziehen zu sehen. Wir lieben es die Landschaft zu beobachten und es ist cool mal Fahrer und einmal Beifahrer zu sein. In Amerika kann das Autofahren überhaupt nicht langweilig werden, denn man kann sich an dieser Natur gar nicht satt sehen. Nach 100 Meilen Fahrt am Stück kann das Aussteigen nur etwas schockierend sein. Zum Beispiel, wenn es plötzlich über 30 Grad hat und dir das in deinem Auto gar nicht bewusst war. Willkommen in der Senora-Wüste. Willkommen in Palm Springs mit eleganten Hotels, Spa, Windrädern, Golfplätzen und ganz wichtig einer Innenstadt voller Essen und Süßigkeiten!

Wir sind im Paradies! Wir sitzen in diesem schnuckeligen kleinen Laden und essen – oder sagt man trinken – einen Ice-Shake mit Brownies und Cookies und einem riesen Sahneturm, auf dem ein bunter Donut thront. So viele Palmen wie in dieser Stadt haben wir beide wohl noch nie an einem Ort gesehen. „Die Stadt macht seinem Namen wirklich alle Ehre, nur Palmen!“, denken wir begeistert, um ein paar Tage später zu erfahren, dass die Namensgebung sich wohl nicht in den Palmen gründet.

Wir bleiben erst einmal in diesem Glauben und suchen uns ein Last-Minute-Halloweenkostüm. Zeit wird es, denn die Kinder sind schon nachmittags verkleidet und fragen sogar in den kleinen Einkaufsläden nach „Trick or Treat“ mit ihren Eimern in der Hand. Im schwarzen Kleid und geschminkt als Spiegelbild des anderen, stürzen wir uns ins Nachtleben. Halloween in Amerika! Die Kostüme der Menschen hier sind der Hammer. Wir bekommen sogar Lob für unser Outfit, obwohl wir wohl bei Weitem nicht mit den Einwohnern mithalten können. Die ganze Straße ist ein Karneval. In einer Stadt voller Kneipen mit Partys landen wir wirklich auf einer Schwulenparade. Das merkt man irgendwann, wenn man in einem Nachtclub ist und Männer mit engen Hosen an anderen Männern kleben. Oke, so war das nicht geplant. Das wird uns irgendwann doch zu bunt und wir gehen in die Village Bar, in der es keinen Caipi, aber einen Motherfucker mit dem Inhalt Tequila, Rum, Wodka und Gin gibt. Umsonst natürlich! Eine ziemlich abgefahrene Nacht, die damit endet, dass wir unsere gesamte Reesescream leer essen. Ein Mitternachts-Schoko-Anfall!

In Palm Springs gibt es noch diese pinke Türe, die jeder fotografieren möchte. Da müssen wir hin! Leider steht hier ein „No Photography“ Schild und vor der Tür ist eine Kamera. Wir wagen es trotzdem und rennen nach ein paar Klicks in unseren Van zurück. Die Amerikaner sind doch sowieso verrückt mit diesen ganzen Schildern. Bei unserem Stop im Coachella Valley gibt es Schilder mit der Aufschrift „No Shooting“ – jetzt haben wir doch ein bisschen Respekt!

Street Palmen Fun

Joshua Tree National Park

Diesen Nationalpark hatten wir eigentlich gar nicht in unsere Reiseroute eingeplant, aber da wir ihn vor einiger Zeit empfohlen bekommen haben und er eigentlich sogar auf dem Weg liegt, wollen wir doch mal einen Blick auf die sagenhaften Joshua Trees werfen. Außerdem haben wir ja unseren Jahrespass für alle Nationalparks, den wir wirklich nur empfehlen können. Man bekommt ihn für 80 Dollar und kann in nahezu alle Parks, die ansonsten jedes Mal 35 Dollar Eintritt kosten würden.

Von Coachella Valley geht es also auf zu den Joshua Trees – oder vielleicht doch nicht? Wir fahren die Straßen im Park entlang und suchen diese Bäume vergeblich. Im Visitor Center erfahren wir, dass es auf der südlichen Seite des Parks solche Bäume gar nicht gibt und bis zur nördlichen Seite sind es um die 40 Meilen. Wir sind einen verdammt großen Umweg gefahren und werden heute keine Joshuas mehr sehen, denn so weit kommen wir nicht mehr. Im Park gibt es keine Tankstelle und ich habe der Juli mal wieder nicht geglaubt, dass wir tanken sollten – bevor wir in einen Park fahren. Oke Juli du hattest Recht. Also umdrehen und tanken gehen.

Ich habe mir geschworen nächsten Mal auf Juli zu hören, aber wir müssen zugeben, dass dieser Fehler rückblickend doch etwas Gutes hatte: Wir finden diesen Campingplatz umgeben von Bergen. Ein Campingplatz, der nichts kostet! Wir bleiben einfach hier, kochen und essen mit einem grandiosen Blick auf den Sonnenuntergang. Ein Sonnenuntergang, der aussieht als hätte ihn jemand mit Photoshop bearbeitet. Diese Farben kann man gar nicht beschreiben! Der Campingplatz ist so groß, dass man trotz anderen eine weite Wiese um sich hat. Nichts als Land. Wir kochen Tee, sehen Millionen Sterne und bekommen Gesellschaft von unserem Nachbarn, der uns alles über sein Leben im Van erzählt. Er lebt nur in diesem Van, der wirklich spärlich ausgestattet ist. Seit Jahren! Unglaublich oder?

Am nächsten Morgen ziehen wir die Vorhänge neben uns auf, bleiben in den Schlafsack eingekuschelt und warten bis die Sonne aufgeht. Frische Morgenluft, du liegst noch im Bett und kannst all das von dort aus beobachten. Das sind die Momente, in denen man dieses Leben im Van so sehr liebt. Wir fahren durch den ganzen Park und finden die Joshua Trees. Auf zu einer kleinen Wanderung. Wir dachten eigentlich wir wandern gemütlich umher, aber finden uns dann schnaufend einen Berg hochsteigen. Die Aussicht da oben soll gut sein. Wir bleiben auf halber Höhe, weil wir entscheiden, dass diese Aussicht auch super gut ist und suchen uns kurzerhand einen leichteren Wanderweg für den Nachmittag. Die Joshua Trees zwischen großen Felsen. Dieser Wanderweg ist verdammt schön. Ein bisschen wie aus einer anderen Welt. Dieser Park ist voll von Steinen und trockenen, weiten Flächen, auf denen immer wieder einzelne Joshuas stehen. Dieses Land ist unglaublich.

Driving Route 66 – Main Street of America

Ein Traum wird wahr als wir dieses Schild sehen – vor uns liegt ein Teil der Route 66 und wir fahren sie! Vor nun fast acht Jahren haben wir im Englischunterricht einmal darüber gescherzt, dass wir diese Straße auch einmal fahren möchten und nun ist es wirklich soweit!

Die Route 66 ist als eine der ersten durchgehend befestigten Straßen zur Westküste bekannt und war ursprünglich ganze 2451 Meilen lang. Heute sind nicht mehr alle Teile der „Mother Road“ oder „Main Street of America“ vorhanden, aber sie ist lang genug. Wir fahren sie von Kingman über Seligman und Williams bis Flagstaff. Hier zu fahren raubt uns beiden manchmal den Atem. Es ist wie aus einem Film. Der Highway liegt bis in die Unendlichkeit vor dir und du siehst kein Ende. Nur Straße. Eine unendlich weite Straße und manchmal sind da nicht einmal andere Autos. Einfach fahren und dieses Land entdecken. Wir hören diesen Radiosender „Route 66 Good Time Oldies“, jedes Lied passt zu diesem Tag. Neben uns fahren diese Züge, die bunt sind und nicht enden wollen. Die Route 66 wurde entlang einer Bahnlinie gebaut. Da sind Straßen, die nicht enden wollen und diese kleinen Läden am Straßenrand. Wir tanken in einer dieser kleinen Städte und machen dort Mittagspause. Die Wüste neben uns, die Route 66 Schilder und goldenes Gras. In der Stadt Williams gibt es diese Läden im Westernstil, die die Straße säumen. Alte Schilder an den Wänden, alte Häuser und Straßenlaternen.

Wir besuchen ein altes Countryhaus, in dem Bands auftreten und das es bereits seit über 100 Jahren gibt. Eine Tanzfläche und Gitarren an den Wänden. An der Bar sitzen an diesem Sonntagmorgen bereits zwei alte Herren mit Bier in der Hand und hinter der Bar steht eine alte Dame. Wir stellen uns dazu, reden und erfahren, dass man sich hier wirklich jedes Nummernschild auf das Auto machen lassen kann – wir haben uns schon gewundert warum man “Zooclub” auf seinem Nummernschild stehen haben kann.

Wir lieben es im Van zu sitzen, wir lieben die kleinen Momente und Überraschungen. Es ist unglaublich, wie sich diese Landschaft verändert. Auf einmal sind da Wälder statt Wüste. Die Blätter werden bunt und es ist kalt. Von 25 Grad zu 11 Grad. Von goldgelben Feldern zu Häusern mit roten Holzwänden im Holzfällerstil, als wäre hier eine andere Welt. Die Felsformationen von Sedona, die für ihr glühendes Rot bekannt sind, liegen im Dunkeln. Juli sagt „ja, sieht voll schön aus so im Dunkeln!“ – wir lachen, weil manchmal alles so gar nicht nach Plan läuft. Wir sehen die roten Felsen der Stadt am nächsten Morgen. Solltet ihr einmal nach Sedona gehen, sucht niemals nach 20 Uhr etwas zu Essen, auch nicht an einem Samstag! Nach einer Nachtwanderung haben wir irgendwann beim Lieferservice Dominos bestellt, der nicht mal direkt an unseren Van geliefert hat! Wir mussten das Essen abholen!

There´ll always be unforgettable memories behind your goodbyes – Goodbye Route 66!

In unserem siebten Bundesstaat Arizona angekommen und mit einem leckeren Chestnut-Latte in der Hand schicken wir Euch liebe Grüße. Eure Juli und Sasy.