Van Life

#19 Die Minusgrade begrüßen uns: Leben und Überleben im Van

Wir haben uns, wir haben einen Van, in dem quasi unser ganzes Leben ist und wir haben die Straßen vor uns. Ist es nicht unglaublich, wie wenig man eigentlich zum Leben braucht? Wir haben einen Schrank voller Kleider gegen eine Box voller Kleiderstücke und die Sicherheit der eigenen vier Wände gegen die Freiheit der Straße eingetauscht und eigentlich fehlt gar nicht so viel … bis auf einige elementare Dinge, die man in der kalten Jahreszeit am besten greifbar hätte.

Es wird Winter: Überlebensstrategien in einem Van

Die Sache mit der Dusche wird nun, da die Temperaturanzeige auf unter null Grad fällt, zu einer echten Herausforderung. Mitten in der Stadt zwischen einem Bauzaun und dem Van die Haare mit einem Kanister voller Wasser zu waschen, weil im Moment keine Dusche in der Nähe ist, fanden wir noch vor ein bisschen mehr als einer Woche eigentlich ganz komfortabel und auch ok. Macht man halt mal so, macht doch jeder. Eine kalte Dusche in einem Schwimmbad war uns zu dieser Zeit sogar noch 2,50 Dollar wert. Kalt, aber immerhin Wasser auf der Haut, dachten wir – damals. Außerdem war es doch ganz cool in einem Gemeinschaftsduschraum zu stehen, wie man ihn sonst nur aus Collegefilmen kennt. Diese Gemeinschaftsduschen mit silbernen, großen Duschstangen in der Mitte des Raumes. Da fühlt man sich fast wie eines dieser Collegegirls!

Wenn man morgens nach dem Aufwachen jedoch aus der Frontscheibe sehen möchte und diese gefroren ist, will man weder kalt duschen noch Wasser für einen Kaffee kochen. Dann weiß man nicht einmal, wie man es überleben soll, aus dem Schlafsack zu klettern. Wir können Euch beruhigen, die Suche nach warmen Duschen verlief bisher sehr erfolgreich. Auch wenn die Fahrt zum nächsten Duschort eine echte Herausforderung ist, wenn man nur ein Guckloch in der Frontscheibe hat oder sich auf Seitenfenster verlassen muss – da fällt uns ein, wir müssen nochmal auf die Suche nach einem Eiskratzer gehen, mal sehen ob unser Van so etwas besitzt.

Es kann jedoch auch sein, dass unsere lieben amerikanischen Freunde so etwas wie einen Eiskratzer gar nicht kennen. Wärmflaschen kennt man hier zumindest nicht. In einer kalten und einsamen Nacht hatten wir nämlich die Idee uns Wärmflaschen zu kaufen. Wie cool wäre es denn mit einer kuscheligen Wärmflasche im Schlafsack einzuschlafen? Wir gehen auf eine nächtliche Wanderung zu verschiedenen Supermärkten nur um zu erfahren, dass keiner so etwas kennt! Dieser Moment wenn die letzte Hoffnung an die man sich klammert zerstört wird … dabei hatten wir doch bereits zuvor ein niederschmetterndes Erlebnis! Denn wir haben ja eigentlich unsere Heizung, nur funktioniert diese leider mit Strom und woher bitte soll man auf einem Parkplatz Strom kriegen? Strom gibt es doch nur im Starbucks, oder? Jedoch soll es diesen Umwandler geben, denn kann man an den Zigarettenanzünder anschließen und auf der anderen Seite kann man dann Dinge anschließen, die man sonst an einer Steckdose laden muss – voll gut, wir erklären dem Herrn im Elektofachhandel was wir möchten und halten dieses Wunderding für 30 Dollar dann in der Hand. Wir stecken unseren kleinen Heizer an, freuen uns auf die Wärme und hören ein kurzes Summgeräusch, das im gleichen Moment wieder verstummt. Nachdem die Elektriker-Tochter mit ihrem Daddy telefoniert hat, wissen wir beide nun, dass unser Heizer ein bisschen mehr Watt braucht und möchten dieses Teil gerne wieder umtauschen. Hoffentlich nehmen die das zurück.

Vom Leben ohne Internet

In einem Van zu leben, ist echt schön. Die Natur direkt vor dem Fenster und immer an der frischen Luft sein. Man sieht Sonnenauf – und untergänge. Das ist wirklich schön. Doch ab und an möchte man doch Kontakt zu anderen Personen halten – wir beide sehen uns immerhin 24 Stunden am Tag, da kann man doch einmal Abwechslung brauchen. Blöd nur, wenn die Netzabdeckung des besten Anbieters wohl doch so einige Lücken hat. Wir jedenfalls sind im Landesinneren einige Tage offline.

Immerhin gibt es bei Netflix die Funktion, Serien im Voraus downloaden zu können. Juli kümmert sich da immer fleißig drum, wenn wir mal wieder WLAN haben. Mit Vorfreude auf die nächste Folge unserer Lieblingsserie „Bates Motel“ liegen wir eingekuschelt im Schlafsack als der Schriftzug „Ihr Download ist nicht mehr vorhanden“ auf dem Tabletbildschirm erscheint. Wie? Da ich ein schlaues Köpfchen bin, fällt mir ein „Boah Juli, ja wir können doch einfach einen Hotspot machen und die Folge nochmal downloaden?“ Kurz freuen wir uns beide bis Juli meint „Ja, funny wir haben doch hier kein Internet“. Stimmt unsere Handys sind tot.

Wir sitzen wenige Minuten später nachts im nächsten McDonalds und schauen unsere Folge fertig, denn hier gibt es WLAN und dazu noch eine heiße Schokolade mit Sahneturm, die nochmal wärmt bevor die Kälte im Van uns erwartet. Der beste Tipp von uns Überlebenskünstlerinnen: Sucht Euch ein nettes Diner oder Fast Food Restaurant, das lange geöffnet hat, trinkt heiße Schoki und verlasst diesen warmen Ort erst kurz vor dem Schlafengehen. Dann fahrt noch eine Meile bis der Van warm ist, denn dann kann man immerhin im „Warmen“ ins Bett gehen. Bei der Suche nach geöffneten Geschäften in der Nacht braucht es allerdings zwischen den Nationalparks ein wenig Geduld, denn die Restaurants schließen hier gefühlt um 20 Uhr. Es gibt ja zum Glück noch Visitor Center mit 24 Stunden geöffneten Restrooms, die warm sind!

Fünf – Sterne – Vanküche Vol. 2

Auch wenn uns die Zähne vor Kälte so manches Mal klappern und wir unsere Hände am liebsten unter der Bettdecke lassen würden, Hunger haben wir ja trotzdem. Also wagen wir uns in die Kälte und machen den Gasherd an. Was dabei herauskommt? Alles von Kürbis – Spaghetti mit getrockeneten Tomaten, Süßkartoffel überbacken mit Hähnchenbrust und Tomate und Gnocchi, um ein bisschen Toskanafeeling ins kalte Amerika zu bringen.

Sätze, die am häufigsten gesagt werden:

Wenn man 24 Stunden aufeinander sitzt, sagt man irgendwann die gleichen Dinge. Wir wollen Euch unsere Bestseller – Sätze während unseres Van – Abenteuers nicht vorenthalten:

  • Kurz nach dem Aufwachen: “Ich muss aufs Klo – groß!”
  • Beim Annähen eines neuen Patches: “Boah des is ein richtiger Fuck, ich hab ja so keinen Bock mehr des nun anzunähen!”
  • Im Chaos des Vans: “Wo ist eigentlich schon wieder …”
  • Wenn es Nacht wird: “Mir ist kalt!”
  • Beim Aufräumen: “Ich hab ja so keine Lust auf Spülen. Spülen wir morgen.”

Ja, oftmals spülen wir dann eben wirklich erst am nächsten Tag, denn bei der Kälte muss man zum Spülen auch noch Wasser abkochen!

Unser Van Sonnenuntergang

Because the greatest part of a road trip isn´t arriving at your destination. It´s all the wild stuff that happens along the way.

Emma Chase

Das können wir bestätigen. Die Abenteuer, die wir erleben, sind alle Strapazen wert und wir haben immer etwas zu Lachen. Außerdem haben wir Reeses in jeder nur erdenklichen Form in unserem Zuhause gelagert: Als Cornflakes, als kleine Schokostücke, als Schokotafel, als Aufstrich und in Form von Eis – ja, wir haben trotz dieser Temperaturen Eis.

Auch wenn es in diesen Breitengraden sehr kalt ist, wir sind den “No Parking” –  Schildern entkommen und senden Euch warme Grüße aus dem kalten Van, in dem wir eine weitere Nacht zusammengekuschelt einschlafen werden, dort wo es uns gefällt.